Kon Tum
Der Empfehlung des Reiseführers folgend, bin ich in Kon Tum in’s Café Eva gegangen um eine Exkursion in die Berge zu organisieren. Schon der Eingang ist so verwunschen, dass ich erst einmal dran vorbeigefahren bin. Im Inneren fühlt man sich in einer anderen Welt. Es ist eine Oase der Ruhe. Der Drink aus Banane und Aubergine war äußerst lecker.

Frühe Bewohner der Region sind aus der Südsee eingewandert. Geschichte Kultur und Religion sind die Schwerpunkte von An, dem Besitzer des Café Eva und Guide. Die Art der Schnitzereien hat er wohl auf seinen Fahrten zu den Bergdörfern gesehen und sich selbst daran gemacht, solche Figuren zu schnitzen. Eine gewisse Ähnlichkeit zu Südsee ist meines Erachtens zu sehen. Mich haben sie fasziniert.

An war noch mit einer anderen Gruppe unterwegs. Wir vereinbarten eine Halbtagestour am nächsten Nachmittag in die Dörfer des Tales und eine Ganztagestour am Tag darauf in die Bergdörfer.
So hatte ich noch einen Tag Zeit um mich in Kon Tum umzusehen.
In den Cafés wird Schach gespielt.

Wie in anderen Städten gibt es auch in Kon Tum einen interessanten Markt.

Diese Krabben schauen doch einfach lustig in die Gegend.

Kids spielen am Bildschirm. Auch das ist in Vietnam längstens angekommen.

Auf der Straße wird auch genäht.

Mir war eine Speiche gebrochen. Also musste ich mein Rad zur Reparatur in diese Werkstatt bringen. Ich kann mich über die Qualität der Reparatur nicht beschweren.

Gewohnt habe ich im Homestay Café in dieser Hütte. Sie ist den Gebäuden des Tales nachgemacht. Es war luftig und angenehm. Das Bett war angesichts meiner Zelterei ohne Isomatte richtig luxuriös. Die Matratze war okay. Die Besitzerin war sehr freundlich. Am ersten Abend wurde ich zum Essen eingeladen. Natürlich gab es Reisschnaps dazu. Der Führer hat recht: die Frauen sind sehr trinkfest.


die Dörfer im Tal
Jedes Dorf hat sein eigenes Recht. Das kollidiert natürlich mit dem modernen Staat, der seine eigenen Gesetze über stülpt. Trotzdem bestehen die Dörfler soweit möglich auf ihren eigenen Regeln.
Geographisches und politisches Zentrum der Dörfer sind diese Gemeinschaftshäuser. Sie symbolisieren ein Schiff, was an der Wölbung der Außenwände deutlich wird. Darin ist die Herkunft der Kultur aus der Südsee zu erkennen.

Wenn das Bauwerk ein Schiff symbolisieren soll, dann ist es naheliegend, dass diese hohen Dächer Segel darstellen. Dieser Theorie wollte An jedoch nicht zustimmen.
Der First ist mit Stäben geschmückt, die Spieße mit Fleischstücken symbolisieren. Der Schmuck an den Giebeln symbolisiert entweder Hörner von Rindern oder Schlangen.

Hier ist die Schrägstellung und Wölbung wie bei einer Bordwand besonders deutlich.
Die Häuser werden heute noch als Gemeinschaftshäuser benutzt. Der Stern der kommunistischen Partei ist immer wieder zu sehen. Manchmal sind sie auch mit Tischen und Stühlen ausgerüstet
…..

Die Konstruktion kommt vollständig ohne Schrauben und Nägel aus. Alle Elemente werden mit Bambusstreifen verbunden. Zur Übertragung der Druckkräfte werden üppig dimensionierte Zapfen eingesetzt. Die Windkräfte auf das Dach werden mit räumlichen Diagonalen abgefangen. Interessanterweise übersteht ein solches Dach einen Sturm besser als die Blechdächer. Möglicherweise erfolgt durch die durchlässige Konstruktion ein teilweiser Druckausgleich der dies ermöglicht.

Ein typisches Bauernhaus: Ständerbauweise mit Lehmausfachung. Interessanterweise gibt es hier keine Diagonalen. Offensichtlich bleiben die Häuser trotzdem stehen. Das Dach ist mit Ziegeln gedeckt, die wie unsere Biberschwänze aussehen.

Es ist interessant, dass die Menschen ohne kulturelle Verknüpfungen zu ähnlichen Lösungen kommen. Das gilt auch für das kleine Dach an der Giebelwand, das in ähnlicher Form im Elsass zu sehen ist.
Gewohnt wird meistens im oberen Stock. Der Raum darunter dient für allerlei, heute meistens für das Motorrad. Stallungen sind in der Regel separate Gebäude.
Angesichts der Vermüllung des Landes sind diese Dörfer sehr sauber und sehr aufgeräumt. Sie machen einen sehr friedlichen Eindruck und erinnern mich an Vörstetten im Breisgau, wo ich als 8 Jähriger 1960 meine Ferien verbrachte. Schöne Erinnerungen!

In diesem Haus wird im Erdgeschoss gewohnt. Außer dem Ehebett gibt es Schlafplätze für fünf Personen in diesem Raum.

Das Obergeschoss scheint für das Ehepaar als Rückzugsraum reserviert zu sein. Eine akustische Trennung gibt es allerdings nicht. Insgesamt ist dieses Haus sehr luxuriös.

Die Zeichnungen der Kinder an der Wand zeigen, dass trotz des althergebrachten Lebens die Modernität Einzug gehalten hat.
Aber noch gibt es hier erstaunlich wenig Plastik und Plastikmüll.

Anfang des 19 Jahrhunderts waren französische Missionare im Land. Sie wurden vom vietnamesischen König verfolgt und flohen deshalb in die Berge, kamen hierher. Das führte hier zu einer überwiegend katholischen Bevölkerung. Ich habe keine Buddhas mehr gesehen sondern Marien. Da die Kirche hier konkurrenzlos ist, braucht sie auch nicht so exponiert zu bauen.
Dieses Kirchlein fügt sich harmonisch in das Dorf ein. Die Orgel ist durch Gongs ersetzt, was den musikalischen Gepflogenheiten entspricht.

Vor der Kirche steht eine Ultrafiltration, bei der sich die Bevölkerung mit Trinkwasser versorgt. Wenn diese Technik von der Bevölkerung mit dem Wasserpreis bezahlt werden kann, dann ist das eine gute und nachhaltige Investition. Auf jeden Fall hilft sie den Plastikmüll zu verringern.
Wir kamen in das Haus der alten Männer. Sie waren zwischen 80 und 104 Jahre alt. Er hier konnte noch bonjour und au revoir sagen. Er hatte großen Spaß daran, dass wir französische Worte wechseln konnten.

Der Meister des Dorfes im Gong spielen war dabei. Auf dem Boden waren eine Reihe Gongs im Halbkreis ausgebreitet. Ich bekam einen kleinen Gong in die Hand gedrückt und eine kurze Anleitung ihn zu schlagen. Dann ging die Musik los. Wir hatten alle Spaß dabei. An hatte Süßigkeiten gekauft und verteilte an die Ältesten einiges davon.

Wir kamen an einem Polterabend vorbei und wurden selbstverständlich sofort eingeladen. Aus dem großen Topf wurde mit dem Schlauch reihum getrunken. Das schmeckte wie Apfelwein, hatte aber einen höheren Alkoholgehalt

Auch Reisschnaps machte die Runde. Entsprechend fröhlich war sie schon. Da war es nur gut, dass so ein unwissender Europäer kam und man sich darüber lustig machen konnte, wie er sich anstellt. Aber beides hat geschmeckt und ich hätte gerne weiter gemacht. Aber das war ja nicht Sinn der Reise.

Einige Häuser weiter wurden Bananenstauden für die Schweine klein geschnitten. Im Moerser wurden sie weiter zerkleinert. Ich löste die Tochter des Hauses eine Weile beim Zerstampfen der Bananenstauden ab.

Den Abend verbrachten wir auf der anderen Seite des Flusses, als die Kühe durch den Fluss getrieben wurden.

Hier lernte ich, dass das Wort kon das gleiche wie in kontiki ist und Ort bedeutet. Auch hier wird der Bezug zu Polynesien wieder deutlich. Tum ist die Lagune. Hier gibt es am Fluss eine Lagune die sich regelmäßig im Frühjahr füllt. Dabei wird auch Schlamm eingetragen, der sie sehr fruchtbar macht. Außerdem gibt es am Rand der Lagune gute Quellen, die die Einwohner zum Waschen und Baden nutzen. Erfolgreich haben sie sich gegen den Bau eines Freizeitzentrums in dieser Region gewehrt.
Die Kinder badeten und spielten Fußball.
Es war eine ausgesprochen friedliche Stimmung und ein wunderbarer Abschluss des Tages.

Dorf in den Bergen
Wie immer schmeckt der Kaffee hervorragend, als mir An im Eva Cafe die wesentlichen Grundlagen des Lebens der Bevölkerung im Urwald erläuterte.
Im Urwald können die Bewohner jagen und Pflanzen für ihre Ernährung suchen.
Der Urwald liefert ihnen Holz zum Bauen und zum Kochen.
Aus dem Urwald kommt gutes Wasser zum Trinken. Es gibt auch Quellen weiter unterhalb aber das Wasser aus dem Urwald ist besser.
Bei derart lebenswichtigen Gegebenheiten des Urwalds, ist es nicht verwunderlich dass der Urwald der Sitz der Götter oder Geister ist. Insbesondere die Grate und Gipfel sind von ihnen bewohnt. Der Urwald ist somit ein religiöser Ort. Die indigene Bevölkerung rodet deshalb die oberen Zonen nicht
Durch Rodung wird Fläche für die Nahrungserzeugung gewonnen. Die Bevölkerung führt den Brandrodungswanderfeldbau durch. Aufgrund der geringen Besiedlungsdichte sind lange Brachezeiten möglich, so dass sich der Urwald immer wieder erholen kann. Die Bewirtschaftung ist somit nachhaltig.
In der Jahreszeit unseres Besuchs wird Reis angebaut. Den Reisanbau hat die indigene Bevölkerung von den Cham (aus Polynesien eingewandert) übernommen. Er bedingt Sesshaftigkeit.
Nach dieser Einführung ging es in rasanter Fahrt mit dem Motorrad in die Berge. Wie schon im Tal machte das Dorf einen sehr aufgeräumten und sauberen Eindruck.
Es gab einen Brunnen mit starker Schüttung. Trotz der lokal relativ dichten Besiedlung kann angenommen werden, dass das Wasser infolge der hohen Schüttung trinkbar ist.

Die Bewohner waren nicht zu Hause. Sie arbeiteten auf dem Feld.

Auf dem weiteren Weg kamen wir an diesem Haus vorbei. Es ist ein sehr schönes Beispiel für die leichte Bauweise dieser Häuser. Die Wände haben ein Traggerüst aus Bambusrohren, in das Bambusstreifen als Ausfachung hinein geflochten werden. Auch der Boden besteht aus Bambusstreifen und ist sehr elastisch.

Diese Häuser können in wenigen Tagen von einer Familie hergestellt werden und ermöglichen einen relativ raschen und problemlosen Wechsel des Wohnortes. Die Dächer wurden ursprünglich mit Reisstroh gedeckt, das gegenüber dem heute verwendeten Blech klimatisch günstiger ist.
Weiter ging es zum Schamanen des Ortes, einem sehr aufgeweckten Mann.

Wir spazierten ein Stück durch die Reisfelder.

Und trafen dort Menschen bei der Arbeit



Dann trafen wir ihn. Er wird von seinen Kindern versorgt und freute sich sehr über unseren Besuch. Wie immer war „woher wohin Name Alter“ der Einstieg in das Gespräch. Als er mein Alter erfuhr, sagte er dass er vier Jahre jünger sei und ich sein Bruder sein könnte. Und damit hatte ich den „Brother Fritz“ weg, wobei Fritz für die Vietnamesen genauso schwierig auszusprechen ist wie für uns vietnamesisch.

Von dem Geld, das An von mir für die Tour bekam, hatte er für die Männer und Kinder Süßigkeiten und für die Frauen Salz gekauft. Für diese Begegnung hatte er einen komplettes Mittagessen im Gepäck. Mein Bruder steuerte Reis bei und wir speisten zu Mittag.
Die Menschen hier sprechen eigene Dialekte. Es gibt auch kein Internet. Damit ist eine Unterhaltung mit Google translate nicht möglich. An beherrscht die Dialekte und er hat gedolmetscht.

Als Nachtisch machte eine Schale Reisschnaps die Runde, der sehr gut schmeckte.


Hühnerkopfopfer
Ich hatte nicht richtig verstanden um was es geht. Aber ich bin gern mit dem Hausherren und An aufgebrochen um ein Stück bis zum Dschungelrand aufzusteigen. Der Hausherr stieg in einen Baum und schlug drei Äste ab, die wir mit zurücknahmen. Auf meine Frage hin erklärte An, dass schon sein Vater von diesem Baum Äste geholt hat und es Ahnenverehrung ist, genau von diesem Baum wieder Äste zu holen.

Zu Hause angekommen wurde aus einem Bambusrohr ein schön verzierter Kultgegenstand hergestellt. Auch die mitgebrachten Äste wurden verziert.



Die Hausherrin verschwand unter dem Haus und es entstand ein panisches Hühnergegacker. Dann ging’s los mit den hergestellten Gegenständen und dem Huhn in einer Plastiktüte. Mitten auf einem Reisfeld wurden die Gegenstände in den Boden gesteckt.
In den Trichter wurde ein Blatt so hinein gedreht, dass ein Becher entstand. Ein zweites Blatt wurde als größerer Trichter darüber gelegt.


Dem Huhn wurde die Kehle durchgeschnitten und der Hausherr ließ so viel Blut wie möglich in den Becher laufen. Das Blut sollte die Götter gütig stimmen, damit sie dafür sorgen, dass der Reis gut wächst. Auch ein wenig Reisschnaps gab es noch für die Götter. Danach wurde der Kopf vollständig abgeschnitten.

Nun kniete das Paar nieder und der Hausherr warf mehrfach den Hahn in die Kultgegenstände hinein. Wie mir An später erklärte, ging es darum, dass der Kopf in einer bestimmten Art und Weise liegen muss. Das gelang erst nach mehreren Versuchen. Wenn man genau hinhört, hat man den Eindruck, dass der Mann zwischendurch Gebete spricht. Dann verließen wir das Feld. Die Frau traf sich noch mit anderen Frauen zum Gebet.

Natürlich glaube ich nicht daran, dass durch diesen Ritus der Reis besser gedeiht. Das Paar glaubt daran und ich nehme die Ernsthaftigkeit war, mit der sie diesen Ritus vollziehen. Es ist ihre Welt und sie haben ein Recht darauf, so zu leben.
Wer meint, dass dieses Hühner Opfer grausam ist, soll darüber nachdenken dass, wir in unserer Zivilisation tausende von Küken schreddern und unnötig viele Hühnchen und Hähnchen in unseren Fabriken töten. Ganz zu schweigen von dem Theater um Vogelgrippe sowie Maul- und Klauenseuche.

