Afghanistan
Ich bin die Nordroute von Dushanbe nach Qalai Chumb gefahren. In Qalai Chumb trifft man auf den Fluss Panj, der im weiteren Verlauf die Grenze zu Afghanistan darstellt. Ab Chrough bin ich die Wakhan-Route gefahren, die ebenfalls längs des Panj verläuft. Von Qalai Chumb bis Kargush sind das rd. 530 km längs der Afghanischen Grenze. Die Tajiken bewachen die Grenze intensiv. Ständig sah ich Soldaten auf Patrouille. Im km-Abstand stehen kleine Mäuerchen, hinter denen sie in Deckung gehen können und in größeren Abständen stehen Kasernen. Zelten ist verboten. Ich habe Verstecke gesucht oder auf dem Gelände von Privatleuten gezeltet.
Am Tag der frisch geflickten Schläuche faszinierten mich die Dörfer auf der anderen Talseite. Z. T. malerisch, gepflegt, Ruhe ausstrahlend.
Manche in alter Bauweise eng zusammenge-pfercht erinnerten mich an Dörfer in den ligurischen Bergen.

Stroh in Haufen zum trocknen auf den Feldern bildet grafische Muster.

Hier wird vermutlich das gedroschene Korn in einen Sack abgefüllt.


Andere in atemberaubender Höhe am Berg klebend, umgeben von steilen Feldern. Wie mühsam muss das Arbeiten auf dieser Hangneigung sein?

Hotel
Ich hörte die Explosion. Also ließ ich mir Zeit. Es würde 1- 2 h dauern bis die Baustelle frei ist. Beim Studium der Karte entdeckte ich im nächsten Ort einen Campingplatz. Nach dem Militärtreffen war das eine Erleichterung. Außerdem freuten sich meine deutschen Gedanken auf eine Dusche und ein WLAN. Ich fuhr los. Das Dorf war vor der Baustelle. Die Dorfbewohner wussten nichts von einem Campingplatz. Einer von ihnen wollte mich zum Hotel führen. Ich willigte ein.
Es war genau die Stelle des Campingplatzes auf der Karte. Wir standen vor einem auffallend schönen Tor als einzig möglichem Zeichen für ein Hotel.
Die äußere Umgebung ist schon mal hotelgemäß!

Innen eröffnete sich ein schöner Garten.


Mein Partner, der sich im Laufe der Zeit als Verweser heraus stellte, zeigte mir die Toilette im hinteren Teil des Gartens. Fein!

Schlafen würden wir draußen. Es ergab sich dann, dass ich unter diesem Dach schlief.

Und dann die Dusche – ein Springbrunnen im Freien.
Eine junge, gut Englisch sprechende Frau setzte sich neben mich, die Cousine der Tochter des Hauses, wie sie erklärte. Sie wollte mit mir Englisch sprechen. Wie meine Familienverhältnisse wären? Bilder dazu hatte ich genug. Sie wolle nicht hier auf dem Dorf wohnen, hasse Gartenarbeit. Sie wohne in der Stadt, zeigte sie mir auf der Karte. Ich bin durchgefahren: kleiner 1000 Einwohner.
Als alle Weiblichkeit das Anwesen verlassen hatte, zog ich mich aus und ging unter die Dusche. Sehr angenehm nach 4 Tagen ohne Waschen, auch wenn der Boden mit 2 cm Schlamm bedeckt war.
Natürlich gab es Tschai – gut – und Sweets, Twix, einzeln verpackte Schokokekse, Rosinen, mmm, und türkischen Nougat, mmmm. Dazu Fladenbrot, so trocken, wie es noch nie in meinen Radtaschen war. Der Hunger treib’s rein.
Etwas mühsame Konversation, Gespräch via Skype mit seiner Tochter in Deutschland.
Die Nacht war gut. Auf’s Klo ging’s mit der Stirnlampe, denn ich wollte treffen.
Dann gab’s Abendessen. Hähnchen & Rindfleisch, 1 Zwiebel in der Soße, das sagenhafte Brot. In Tajikistan hatte ich immer sehr zartes Fleisch gegessen. Hier war es zäh aber wohlschmeckend. Ich holte mein Besteck, denn die Soße wollte ich nicht mit der Hand essen.
Der Unterstand für mein Rad.

Klassisches Frühstück

Ich war in Tajikistan angekommen. So leben die Menschen hier. Diese Unterkunft war für Einheimische luxuriös.
Der Eintritt betrug 100 Somoni ~ 8 €.
Berlin
Es war mal wieder Zeit einen Übernachtungsplatz zu suchen. Auf der anderen Seite des Panj war Afghanistan. Also konnte ich nicht irgendwo neben der Strasse mein Zelt aufschlagen. Ich kam an einem einfachen Anwesen vorbei. Spielzeuge standen im Hof. Ich klopfte an. Ich klopfte noch mal an. Ein alter Mann mit einem kleinen Kind öffnete die Tür. Gestikulierend erklärte ich ihm, dass ich eine Nacht im Zelt bei ihm schlafen wollte. Er verstand es und stimmte zu. Natürlich lud er mich zum Tschai ein.
Als ich mit seinen Enkeln etwas alberte, rutschten mir deutsche Worte heraus.

Da sagte er: „deutsch“. Meine Gegenfrage war: Berlin? Er nickte.

Er war nach dem Zweiten Weltkrieg bei der Besatzung Berlins durch die Russen beteiligt und hatte meine Sprache als deutsch erkannt. Schon damals haben die Russen die jungen Leute aus den fernen Aussengebieten zum Krieg eingezogen.
Am Abend und am Morgen bekam ich jeweils Milch und Brot. Köstlich! İch hatte nicht allzu viel Essbares in meinen Taschen. Als ich ihm 50 Somoni geben wollte, lehnte er strickt ab. Die Oma aber nahm es dann doch an.
2 l Milch am Tag

Ich fand die vielen bunten Decken über der Mauer witzig und fotogen. Doch bevor ich mein Handy zücken konnte, war ich schon umringt von Kindern: where are you from? what’s your name? ….. Auch der Vater erschien. Da die Milch vom Vortag so gut war, bat ich ihn um eine Schale. İch wollte ihm dafür zehn Somoni geben. Er lud mich in sein Haus ein und ich bekam die Schale Milch. Er freute sich, dass ich sein Haus fotografierte.
Ich erfuhr, dass er eine Kuh hat. Auf meine Frage, wie viel Milch seine Kuh am Tag gibt, formten seine Hände eine Schale von etwa zwei Litern. Meine zehn Somoni wollte er partout nicht nehmen. „Allah, Allah…“. Es war auch keine Oma in der Nähe, der ich sie heimlich zu stecken konnte.

Jetzt hatte ich dieser Familie von ihren zwei Litern Milch pro Tag einen viertel Liter weg getrunken. İch fuhr mit einem ausgesprochenen schlechten Gewissen davon. Ps: das auch Wochen nach der Rückkehr noch anhält.
Alter Glaube
Auf dem Weg bis Langar ist diese Kultstätte bemerkenswert. Sie ist eindeutig nicht muslimisch. Die vielen Hörner der Marco Polo Schafe (Argali) weisen eher auf eine Naturreligion hin. Nach Wiki waren die Pamiri früher Zoroastrier (https://de.wikipedia.org/wiki/Pamiri)

Im Zoroastrismus sind die Tiere keine Gottheiten. Es kommt ihnen also nicht die zentrale Bedeutung zu, die man hier vermuten könnte. Aber sie werden verehrt. (https://de.wikipedia.org/wiki/Zoroastrismus#Gottheiten)


