Schwarzfahrerinnen
Um halb 4 Uhr morgens stieg ich in Thanh Hoa aus dem Bus, um 4 fuhr ich in völliger Dunkelheit los. Die Stadt war menschenleer. Es war ein tolles Gefühl, ohne Autos und Motorräder über gute Straßen zu fahren. Die Straßenbeleuchtung wurde weniger und weniger, bis ich im Dunkeln fuhr.
Dann kamen sie – unsichtbar, fast lautlos. Ich bemerkte sie erst im letzten Augenblick, die Frauen auf ihren lichtlosen hochbepackten Fahrrädern. Sie fuhren mit ihren Waren auf den Markt in der Stadt. Zwischendurch immer wieder andere, die ebenso schwer beladen zu Fuß gingen. Zum Zentrum der Stadt waren es mindesten 2 km. Also liefen sie deutlich weiter mit ihrer erdrückenden Last.
Es war gespenstisch. Und es tat weh, wie hart diese Frauen für ein wenig Geld arbeiten müssen.
Treibholz
Wenig später schuf die Dämmerung eine zauberhafte Stimmung.

Es war schon hell, als ich den Fähranleger erreichte. Meine Route wechselte auf die andere Seite. Einige Männer saßen am Ufer und schauten den Fluten zu. Die Fähre fuhr nicht. Einer von ihnen ging ein Stück mit mir zurück und zeigte mir den Weg. Wo ich da wohl rauskomme?
Überall lagen Hausboote am Ufer.
Ich erreichte eine Brücke und konnte so die Seite wechseln. Leider verpasste ich auf diesem Weg die trockene Halongbucht.

Gut ausgeruht vom Busfahren und dem guten Essen kam ich flott voran und war bald in den Bergen. Der Nam Ma-Fluss begleitete mich bis zum Abend und so konnte ich bei geringer Steigung flott und locker fahren.

Jetzt hatte ich es verstanden. Der Fluss hatte Hochwasser. Deshalb fuhr die Fähre nicht. An dieser Stelle gab es ein starkes Kehrwasser und das hatte jede Menge Treibholz angelandet. Jeder, der gehen konnte, war hier um Holz zum kochen und heizen zu holen.

Das hätte gerade noch gefehlt, dass er mir seinen Balken auf’s Rad läd.

Fischer
Zeitweilig fuhr ich ziemlich abseits des Flusses und dann sah es fast so aus wie die trockene Halong Bucht. Wie ihr seht, waren es optimalste Radelbedingungen: Guter Asphalt und fast kein Verkehr. Auch der Regen hatte sich verzogen und es war etwas sonnig.

Teiche werden immer zu Fischzucht genutzt. Am besten wohnt man wie hier auf dem Wasser.

Mit Floß und einem großen Netz werden hier Fische gefangen.

Opfer
Es regnete gerade mal wieder heftig und ich hatte eine Pause gemacht.
Nebenan kam die Frau des Hauses heraus und leerte einen Henkeltopf aus. Wie sie es tat machte mich stutzig: nicht in einem Schwung, sondern in mehreren kleinen über den Eingang verteilten. Ich vermutete eine Opferhandlung.
Kurz danach brachte ihr Mann einen Korb mit roten und goldenen Papieren und zündete ein Feuer an.

Auch Geldscheine wanderten ins Feuer. Ich fragte ihn und er bestätigte mir, dass das Opfergaben für die Ahnen waren und dass das Geld verbrannt wurde. Es war aber kein echtes Geld, sondern Opergeld, das er in einem Laden gekauft hatte.
auf die Berge
In den Seitentälern war es schon etwas enger und bergiger. Wasser konnte ich überall kaufen, aber Lebensmittel gab es nicht allzu häufig.


Dieses Dorf bestand komplett aus strohgedeckten Pfahlbauten. Ich nahm mir Zeit, um ein wenig darin herum zu laufen. An den Walmdächern erkennt man, dass hier Thai leben. Es gibt in der Region und in diesem Dorf auch einzelne Langhäuser.
Der Weg vom Dorf auf die Felder gibt den Blick auf die gegenüberliegende Talseite frei. Am liebsten hätte ich hier den ganzen Tag verbracht

Nach diesem schönen Dorf musste ich den Berg hoch! Ich hatte mir vorher lange überlegt, ob ich diese Steigung fahren sollte. Wegen der Hochfläche, die im Pu Puong Nationalpark liegt, habe ich mich dafür entschlossen. Ich wusste also, dass es hoch geht, aber nicht wie. Es waren 750 hm über 4,5 km Länge. Das sind über 16% mittlere Steigung, die ich komplett schob. Ich habe noch nie so erodierten Beton gesehen wie auf diese Straße. Das hat die Schieberei zusätzlich erschwert. Ein wenig entschädigten mich die Talblicke. Aber wegen dem Dunst gabt es keine guten Fotos.

Die Passhöhe ist erreicht. Ich war fix und fertig. Es war der anstrengendste Abschnitt von allen bisher gefahrenen Touren. Das Schieben geht auch mächtig in die untrainierten Arme.
Schon nach wenigen Metern war die Anstrengung vergessen. Die Begeisterung stieg in mir auf.

Ich hatte keine Ahnung, wie es hier oben auf 800 m Höhe aussieht. Für mich hat sich die Anstrengung sehr gelohnt. Hier in der Nähe habe ich einen schönen Zeltplatz auf einer Wiese mit Aussicht gefunden und eine ausgeprochen ruhige Nacht gehabt: keine Hähne!!!



Es ist Regenzeit. Am nächstem Morgen verzauberte der Nebel den Wald und die Berge.


Auf Osmand fehlten die Straßen, die ich fahren wollte. Auf Google gab es sie. Ich hatte mir dort Fähnchen gesetzt. Leider hatte ich hier oben kein Internet und damit kein Google. Die Hauptstraße führte mich in rasanter Fahrt von der Höhe runter. Dafür musste ich den Pass der QL6 wieder hoch fahren. An diesem Tag bin ich 2 Pässe mit insgesamt 1670 hm gefahren.

